YOU’s Letter 09/18: Lebenstempo

Worte wie „Zeitnot“ oder „Zeitarmut“ sind Begriffe unserer Modernisierungsprozesse, ausgelöst durch den technischen Fortschritt und die digitale Revolution. So werden Sie zum Zeitgestalter.

Wie Sie zum Zeitgestalter werden.


Liebe wertvolle Menschen,

geht es Ihnen auch so, dass Sie manchmal denken, die Zeit wird immer schneller?

In unserer modernen Gesellschaft sprechen manche sogar von dem Rohstoff Zeit, der immer knapper zu werden scheint.
Worte wie „Zeitnot“ oder „Zeitarmut“ sind Begriffe unserer Modernisierungsprozesse, ausgelöst durch den technischen Fortschritt und die digitale Revolution.

Wie wir, die wir von den digitalen Möglichkeiten beeindruckt sind, unserer Seele wieder mehr Raum geben und so vom fremdbestimmten Zeitopfer zum achtsamen Zeitgestalter in Balance werden, davon soll dieser YOU ́s Letter handeln.
Ich lade Sie ein auf eine kleine Entdeckungsreise.

Ihre Ellen Buttgereit


Lebenswertes

Einfach fliessen lassen – Leben in Balance

FLOW

Konzentriertes Sein und Tun

Flow, (engl. fliessen, rinnen, strömen) ist das Gefühl völliger Vertiefung und des Aufgehens in einer Tätigkeit.
„Es fließt“, sagen wir, wenn etwas gelingt. „Einfach fließen lassen“, beschreibt in einer Situation das Loslassen und Vertrauen, dass es wohl gelingen wird.
Flow ist der innere Zustand des „im Fluss seins“ durch eine konzentrierte Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt. Wir verlieren das Gefühl von Raum und Zeit. Wir sind körperlich in Harmonie, messbar an unserer Herzfrequenz. Sie ist gleichmäßig, so wie unsere Atmung und auch der Blutdruck sind im Einklang. 

Es ist Lebenskunst in Balance zu sein 

Im rechten Moment genau das Richtige tun.
Balance zwischen Anforderung und Können.
Balance zwischen Unterforderung und Überforderung – genau in unserer Mitte sein.
Sowohl frei sein als auch eingebunden in eine Aufgabe, die uns sinnvoll erscheint.
Das ist Flow! Wie oft haben Sie diesen Zustand schon erlebt? Ist er nicht erstrebenswert? Raus aus dem Zeitdruck, rein in ein Stück Ewigkeit. Das ist ein Balanceakt,

Achtsamkeit und Aufmerksamkeit zwei Schwestern 

Die Achtsamkeit zu üben kann hilfreich sein. Sie ist vorsichtig sensibel, fokussiert auf die äußere oder die innere Welt. Sie ist kontemplativ, beobachtend ohne zu bewerten. Sie ist abwägend und handlungsbereit. 

Die Aufmerksamkeit ist sozusagen die Schwester der Achtsamkeit. Die Aufmerksamkeit ist wach, konzentriert auf das Außen, ist gegenwärtig im „Hier und Jetzt“. Sie ist lernbereit und auf das Reagieren eingestellt. Sie steht in guter Beziehung zur Aufmerksamkeit.

Einfachheit im Denken und Achtsamkeit im Fühlen 

Diese Aspekte ermöglichen uns eine gesunde, individuell erfahrbare Balance zwischen Fremd- und Eigenanforderung. 

Ganz praktisch zum Einüben: 

1. Dankbarkeit für die kleinen Dinge
2. Bewusst Wahrnehmen mit allen Sinnen – Sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken 3. Den Atem in der Stille beobachten –einfach ein- und ausatmen und nachspüren
4. Rituale der Auszeit am Tag schaffen für das Träumen und das Besinnen –
5. Im Wald spazieren gehen, einhalten und hören.
6. Kreativ sein nach seinen Begabungen – Das Spielen neu entdecken. Malen, zeichnen, Musik machen, singen, …..


Lesenswertes

Finden Sie Ihr individuelles Lebenstempo – ein wertvoller Ratgeber

Das richtige Lebenstempo finden für mehr Lebensqualität

Petra Schuseil ist seit 2006 Lebenstempo Coach. Ihr Buch hilft jedem, je nach seiner Persönlichkeit, mit praktischen Selbstchecks und Übungen den ganz individuellen Regler für die persönliche Lebensgeschwindigkeit zu finden.


Bemerkenswertes

So kommen wir nicht weiter

Paradoxe Lebensstrategien

Interessant ist, dass der rastlose und ruhelose moderne Mensch versucht Zeit einzusparen und dabei genau das Gegenteil erzielt. Er wird dadurch noch ruheloser und schnelllebiger. Es entstehen mehr Fehler oder Chaos, für dessen Ordnung er mehr Zeit benötigt. glaube die Frucht der Weisheit hat mit Verwandlung, mit Entwicklung von Klarheit im Denken und Herzensgüte bzw. Charakterbildung zu tun.

Schneller Handeln

Zum ersten versucht er Zeit zu gewinnen indem er Geschwindigkeit aufnimmt.
Wir kennen die Begriffe die das gut beschreiben: Fast Food, Speed Dating oder auch ein effektiver Power Nap. So glauben wir, als moderne Menschen, uns Zeit verschaffen zu können für weitere Erlebnisepisoden. Denn das Leben ist kurz, lasst uns möglichst viel hineinpacken – wir könnten etwas verpassen.
Das scheint mir doch sehr diesseitig und postmodern bzw. funktional gedacht. Denn je schneller es geht, desto erschöpfter fühlen wir uns. Und, was machen wir dann mit der vermeintlich „geschöpften“ Zeit, wenn wir ausgelaugt sind? Wir bleiben Menschen und sollten unser Leben von der Ewigkeit her denken. Jeder sollte aus meiner Sicht geklärt haben, was ihn dort erwartet und wofür er seine Lebenszeit sinnvoll nutzen will.

Wartezeiten vermeiden

Als weitere Möglichkeit versucht der moderne Mensch Pausen, Wartezeiten oder Leerzeiten zu vermeiden. Sie scheinen ineffektiv. Er versucht alles so zu planen, dass die Aktivitäten ineinandergreifen – ohne Pausen. Es geht solange gut, bis sich etwas unerwartet verzögert. Wir kennen das. Wenn der Zug sich verspätet, kommen wir meist zu spät zu den folgenden geplanten Terminen.
Fazit: Keine Zeit gewonnen sondern Stress erhöht.Hätten wir einen Zug eher genommen, hätten wir geglaubt Zeit zu verschwenden. Doch ich habe oft erfahren, dass Wartezeiten Segenszeiten sind. Häufig habe ich unerwartetes Schönes erlebt wie z.B. Zeit für eine neue interessante Begegnung, Zeit für ein Buch und somit neue Einsichten gewonnen, oder Zeit für meinen Latte Macciato im Glas statt „TO GO“ im Pappbecher.
Es ist also eine Frage der Haltung.

Harmut Rosa meint: „Ich glaube, die Synchronisationprobleme gehören in der Tat zu den Hauptproblemen moderner Gesellschaften“.

Multitasking

Die 3. Möglichkeit das Lebenstempo zu erhöhen ist das Multitasking.
Wir versuchen gleichzeitig mehrere Tätigkeiten zu erledigen. Wie Studien erwiesen haben, geht das zu Lasten der Konzentration und somit zu Lasten der Effektivität. Und, was wir vermeintlich sparen, müssen wir im nachhinein durch Zeit für Korrekturen wieder anhängen.

Also mehr Zeit verloren als gewonnen. Eines nach dem Anderen scheint unmodern, doch wir gewinnen nachhaltig mehr gute Ergebnisse und schöne Erlebnisse. 

„Der moderne Mensch glaubt, wenn er doppelt so schnell lebt, kann er das Pensum von zwei Leben in einer Lebensspanne unterbringen. In dem logischen Fluchtpunkt dieser Idee bedeutet das dann, dass wir durch Beschleunigung so was wie ein ewiges Leben vor dem Tod zu realisieren versuchen“ (Harmut Rosa) 

Mein Fazit: Immer dann, wenn der Mensch glaubt, wie Gott Ewigkeiten realisieren zu können, läuft er in Gefahr sein wirkliches Selbst zu verlieren.


Wissenswertes

Sich einfach einmal zurückziehen

Nicht die Zeit selbst beschleunigt sich, es sind natürlich die sozialen Prozesse und Verhältnisse, die sich rascher wandeln oder vollziehen“, sagt Hartmut Rosa. Er ist Professor für Soziologie an der Schiller Universität in Jena und zugleich Experte fürBeschleunigungskulturen in der Moderne.
Hier bezieht er sich mit dieser Aussage auf den schwedischen Ökomomen Staffan Linder der in der 70-er Jahren eine Hypothese formulierte, die besagt: „Gesellschaften sind entweder reich an Gütern oder reich an Zeit, aber Güterwohlstand und Zeitwohlstand verhalten sich umgekehrt proportional“.

Er ist Professor für Soziologie an der Schiller Universität in Jena und zugleich Experte für

Somit leben wir einer satten Wohlstandgesellschaft, die unter permanentem und wachsendem Zeithunger leidet.
Ich vermute eine neue Gier entsteht. Sowie unsere neuste Technik gierig nach Strom ist, weil diese ständig auf stand by steht, so werden wir gierig nach Zeit, denn auch wir sind

im „stand-by-Modus“. Wir sind in ständig laufenden Prozessen eingebunden.
Immer in Bereitschaft – gierig nach neuen Ablenkungen und Informationen, online, immer in Kontakt in der Angst etwas zu verpassen. Alles ist zu jeder Zeit möglich. Es gibt niemanden mehr der uns einschränkt, durch äußere Strukturen oder Regeln, der uns sagt, wann etwas zu tun ist. Wir stehen unter dem Erwartungsdruck des schnellen Response, denn ansonsten ist es morgen schon nicht mehr wichtig und wir könnten „out“ sein.

Zusammenhänge und Relationen

Robert Levine hat eine Studie im Jahr 1999 von der Messung des Lebenstempos in Bezug auf unterschiedliche Kulturen veröffentlicht. Er bringt unter anderem die wirtschaftliche und die klimatische Lage miteinander in Bezug.

3 Aspekte sind darin wesentlich:

a) Je kälter das Klima, desto höher das Lebenstempo
b) Je größer der Ort, desto höher das Lebenstempo
c) Das Tempo wächst mit dem Wachstum der Wirtschaft

Interessant ist auch der Bezug zur Individualität

a) Je höher die Akzeptanz des Individualismus, desto höher das Lebenstempo
b) Hohe Soziale Einbindung und Altruismus bedeuten ein geringeres Lebenstempo

Demnach könnten wir folgende Hilfestellungen für ein gemäßigtes Lebenstempo ableiten:

Wir ziehen in einen kleinen Ort im Süden, wo es meist angenehm warm ist. Wir kommen mit wenig aus und leben von dem. was uns täglich zur Verfügung steht. Dabei sind wir nicht allein und leben in einer Gemeinschaft, wo wir uns gegenseitig unterstützen.
Nicht die Uhr bestimmt unsere Aufgaben und Tätigkeiten, sondern die Wichtigkeit. Ereignisse bestimmen unser Tun und nicht die Zeit.

So gibt uns die Natur vor, wann was zu tun ist. Im Frühjahr sähen und im Herbst ernten. Alles hat dann seine Zeit, Zeit zum Arbeiten, Zeit zum Feiern, Zeit zum Schlafen, Zeit zum Zuhören, Zeit zum Reden ………. So wie schon in der Bibel steht, dass alles seine Zeit hat.

„…Alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt, nur das der Mensch das Werk nicht gründet“ (Die Bibel, Prediger 3,11)

Was denken Sie dazu?


Sehenswertes

Zeit – Das Diktat der Uhr – Richard David Precht
Erster Teil von 3 Teilen einer Dokumentation über das Thema Zeit im SWR

zum Video

Diese Dokumentationsreihe von Richard David Precht zeigt die geschichtliche Entwicklung der Zeit bzw. der Entdeckung der Uhr auf und beschreibt die Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung.


Liebenswertes

Nutzen Sie den Herbst zum Fegen

Schritt für Schritt

Wenn er die Straßen kehrte, tat er es langsam,

aber stetig:
Bei jedem Schritt einen Atemzug
und bei jedem Atemzug einen Besenstrich. Schritt – Atemzug – Besenstrich
Schritt – Atemzug – Besenstrich

Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenklich vor sich hin.
Und dann ging es wieder weiter –
Schritt – Atemzug – Besenstrich

Es ist so:
Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich.
Man denkt, die ist so schrecklich lang;
Das kann man niemals schaffen, denkt man.
Und dann fängt man an, sich zu eilen.
Und man eilt sich immer mehr.
Jedes mal wenn man aufblickt, sieht man,
dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt.
Und man strengt sich noch mehr an,
man kriegt es mit der Angst,
und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem.

So darf man es nicht machen.
Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du?

Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug,
an den nächsten Besenstrich.
Und immer wieder nur an den nächsten.

Dann macht es Freude,
das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.

(Michael Ende)